Was wir gegen Plastik haben? – Eigentlich nichts.

Plastik ist kaum noch aus dem Alltag wegzudenken. Es ist praktisch und komfortabel. Plastik ist vielseitig und bunt, leicht und billig und man kann es einfach entsorgen. Die Anwendung von Plastik macht sehr viel Sinn im medizinischen Bereich, etwa um Medikamente steril verpacken zu können. Wir nutzen es zur Wärmedämmung, um Energie zu sparen. Und auch bei Elektrik und Elektronik leistet Plastik wertvolle Dienste. Undenkbar, was wir ohne diesen künstlichen Wunderstoff machen müssten.

Die Verwendung von Plastik macht in vielen Fällen demnach durchaus Sinn. Wünschenswert ist, wenn es langzeitig verwendet wird und nach dem Gebrauch möglichst umweltschonend wiederverwendet werden kann. Ein guter Ansatz, der aber noch viel zu selten verfolgt wird, heißt Cradle to Cradle (C2C).

Wir verbrauchen zu viel und werden nicht mit den Folgen fertig.

Unser Plastik-Konsum ist leider so üppig, dass wir mit der Wiederverwertung überfordert sind. Recycling- und Upcycling-Maßnahmen geschehen selbst in unserem hochtechnologisiertem Land nicht in ausreichendem Maße – Wir verschiffen einen enormen Teil nach Asien, zum bemerkenswert großen Anteil übrigens illegal. [(1)]

Die Verwendung von Plastik im Alltag ist nur allzu oft unnötig. Es gibt Alternativen, die schlichtweg besser sind. – Ja, gut: Manchmal scheinen sie auch teurer zu sein. Und eine Glasflasche ist auch schwerer als eine Plastikflasche. Trotzdem fühlen sich die Alternativen zu Plastik oft viel angenehmer an. Man fühlt sich besser damit, sogar gesünder – Wir werden Euch während der Fastenzeit 2019 viele Tipps und Tricks verraten, wie man im Alltag auch gut ‚ohne’ auskommt.

Was spricht denn nun wirklich gegen den intensiven Einsatz von Plastik?

Drei Gründe:

  1. Wir haben den verantwortungsvollen Umgang mit Müll verlernt. Beste Beispiele: An einem schönen Abend bei gutem Wetter, etwa am Stuttgarter Marienplatz, quellen die vorhandenen Mülleimer über. Der Platz ist völlig verdreckt mit Einweg-Unrat [(2)]. Wir sind viel zu faul geworden, um unseren eigenen Dreck wieder aufzuräumen und mitzunehmen. Dort zu entsorgen, wo er hingehört. Dieses Verhalten ist bequem, aber uncool und falsch. Unsere gute Kinderstube hat hier versagt.
  2. Wir werfen unseren Müll in den Wald und spülen ihn ins Wasser. In der Natur haben Getränkeflaschen, Zigarettenkippen und Chipsverpackungen aber nichts verloren. Sie sehen dort weder ästhetisch aus, noch verrotten sie: Viele Plastikarten benötigen mehrere Jahrhunderte (!), bis sie sich zersetzen. Dieser Abfall wird von Tieren fälschlicherweise für Nahrung gehalten und stellt lebensgefährliche Fallen dar. Vögel, die beispielsweise mit Plastikbändern ein Nest bauen, erdrosseln sich manchmal selbst, weil die Bänder nicht nachgeben und sie sich nicht selbst befreien können. [(3)] Andere Tiere erkunden neugierig unsere Plastikverpackungen. Sie bleiben darin stecken und quälen sich damit oder verenden sogar an ihnen.
    Das Gleiche im Meer: Zigtausend Tonnen Müll treiben im Meer und bilden enorm große Flächen – viereinhalbmal so groß wie Deutschland [(4)] (Stand 03/2018. Andere Berichte schreiben schon Jahre früher von der dreifachen Menge.) Auch hier: Wieder nicht hübsch anzusehen, wieder gefährliche Fallen für Tiere. Sie schlucken den Unrat hinunter und dort bleibt er dann auch. So wurden in den Mägen toter Wale jede Menge Plastikmüll gefunden, sowohl in Indonesien [(5)], als auch in Spanien [(6)] und auch schon vor unserer Haustür in der Nordsee. [(7)] Robben verheddern sich in den Resten von Fischernetzen [(8)]. Und Schildkröten verfangen sich in ihrer Jugend im Sixpackträger [(9)] oder in Flaschenverschlüssen und werden diese nie mehr los.

    Ihre Panzer verformen sich mit der Zeit und wachsen um die Plastikgürtel herum. So einen Umgang kann niemand wollen.

    Nicht zu vergessen sind die Seevögel – Sie können das bunte Plastik oftmals nicht von Nahrung unterscheiden und verfüttern es an ihre Jungen. Es kommt nun leider vor, dass diese Produkte nicht verdaut und wieder ausgeschieden werden, sondern vielmehr die jungen Vogelmagen füllen, bis kein Platz mehr für verwertbare Nahrung da ist. Am Ende lautet auch hier die Todesursache: Plastik [(10)].

    Übrigens: Wer Hering, Thunfisch oder anderes Meeresgetier verspeist, muss heutzutage damit rechnen, ebenfalls Plastik zu essen, Stichwort: Nahrungskette [(11)]. Vom Meersalz mal ganz zu schweigen [(12)].

  3. Wir essen also Plastik, oft ohne es zu wissen. Wir bewahren unsere Lebensmittel in Behältnissen auf, welche Weichmacher ausdünsten und unsere Nahrung damit benebeln. [(13)] [(14)] Wir tragen Plastik auf der Haut [(15)] und reiben es in sie hinein. (Dazu ist einen Download wert: BUND: Mikroplastik und andere Kunststoffe in Kosmetika – der BUND Einkaufsführer (PDF))
    Jeder, der nur einen Funken gesunden Menschenverstand besitzt, müsste sich eigentlich schon aus reinem Selbstschutz intuitiv und lauthals gegen Plastik-am-eigenen-Leib zur Wehr setzen und alles tun, um es zu meiden, geschweige, es zu kaufen. Und trotzdem ist unsere Welt in den letzten Jahrzehnten zu einer Plastikwelt geworden. Es lebe die Kognitive Dissonanz: Wir wissen, was falsch ist, aber machen es trotzdem. Aber, wenn wir andere (Erdbewohner) damit schädigen, dann ist das leider nicht so geil.
    Der Verfasser dieses Textes ist übrigens nicht unbefleckt, da er selbst bis zum heutigen Tage ein Plastiknutzer ist – von der Menge her vielleicht unterer Durchschnitt. Bei jedem Abholtermin ist der Gelbe Sack etwa zu Zweidrittel gefüllt. Zwar hat er sich in den letzen Monaten immer intensiver mit dem Thema Plastikvermeidung befasst, aber, aber aber.

Fazit

Plastik verwenden ist manchmal notwendig und und oft sinnvoll. Aber sehr oft ist es auch überflüssig. Es ist gefährlich für Mensch und Umwelt.

Man kann nun fordern, dass andere Länder besser recyceln und ihre Recyclingquoten erhöhen sollen (oder unser eigenes Land), dass die Politik etwas tun muss (“Verbote!”), dass die Industrie etwas tun muss (“Mehr Auflagen für Nachhaltigkeit”, auch gerne zulasten des Profits). Das sind vielleicht legitime Anforderungen. Aber wir sollten auch selbst etwas tun. Und das Schöne daran ist: Wir können auch selbst etwas tun!

Darauf macht die Initiative „Bitte ohne Plastik“ aufmerksam. #bitteohneplastik.

Quellen

One Comment

  1. Danke für den ausführlichen Artikel, lieber Matthias. Meiner Meinung nach ist besonders die schlechte Recyclingfähigkeit von Plastik Grund, um über mehr Verzicht nachdenken. Die Recyclingfähigkeit bezogen darauf, dass es sich beim “Recycling” eigentlich mehr um “Downcycling” handelt, weil zumeist nicht das gleiche Produkt aus dem Altplastik hergestellt wird, sondern ein minderwertigeres, welches nicht dafür sorgt, dass die Produktion von neuem Plastik am Anfang der Kette reduziert wird (aus PET-Flaschen werden Pullover oder Möbel und später Parkbänke und Blumentöpfe). Recyclingfähgkeit aber auch bezogen darauf, dass die Dualen Systeme mit der schieren Menge an verschiedenen Kunststoffen schlicht überfordert sind und es nur schwer möglich ist, die Kunststoffe sortenrein zu extrahieren – zumal oft mehrere verschiedene Kunststoffe in EINEM Produkt stecken.
    Eine sehr empfehlenswerte Doku, die das Problem ausführlich beschreibt, habe ich hier gefunden: https://youtu.be/zKOt_0dsRJY

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